Arbeitsplatz Arbeitsmedizin: Gefährdungsbeurteilungen
Facility Management: Arbeitsmedizin » Strategie » Betreiberpflichten » Gefährdungsbeurteilungen

Gefährdungsbeurteilung zum Thema Betriebsarzt / Arbeitsmedizin
Die Einbindung eines Betriebsarztes bzw. einer arbeitsmedizinischen Betreuung ist in Deutschland fest im Arbeitsschutz verankert. Dabei stellt sich oft die Frage, ob und warum auch für den Bereich „Arbeitsmedizin / Betriebsarzt“ selbst eine Gefährdungsbeurteilung (GBU) notwendig ist. Eine Gefährdungsbeurteilung für den Bereich „Betriebsarzt / Arbeitsmedizin“ ist verpflichtend, da auch hier – wie in jedem anderen Arbeitsbereich – arbeitsschutzrelevante Risiken bestehen (z. B. Infektionsrisiken, Gefahrstoffe, Einsatz von medizinischen Geräten). Rechtsgrundlagen wie das ArbSchG, die ArbMedVV, die BioStoffV und das ASiG erfordern explizit die Ermittlung, Bewertung und Minimierung dieser Gefährdungen. Die GBU bildet zugleich die Basis für Art und Umfang der arbeitsmedizinischen Vorsorge und für ein insgesamt sicheres, gesundes Arbeiten im Betrieb.
Rolle des Betriebsarztes im Facility Management
Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
Das Arbeitssicherheitsgesetz regelt die Bestellung von Betriebsärzten (und Fachkräften für Arbeitssicherheit).
Arbeitgeber sind verpflichtet, Betriebsärzte zu bestellen, um die betriebsärztliche Betreuung sicherzustellen, sofern sie nicht einer alternativen, gesetzlich zulässigen Betreuungsform angeschlossen sind.
Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)
Konkretisiert die Aufgaben und Pflichten im Zusammenhang mit arbeitsmedizinischer Vorsorge.
Legt fest, bei welchen Gefährdungen (z. B. Lärm, Gefahrstoffe, Bildschirmarbeit, Tätigkeiten mit Infektionsrisiko usw.) Pflicht- bzw. Angebots- und Wunschvorsorge einzuhalten ist.
Die Entscheidung, welche Untersuchungspflichten bestehen, fußt auf der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG; der Betriebsarzt berät und unterstützt den Arbeitgeber dabei.
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Gemäß § 5 ArbSchG muss der Arbeitgeber für alle Arbeitsbereiche und Tätigkeiten eine Gefährdungsbeurteilung durchführen.
Dies schließt Arbeitsbereiche des Betriebsarztes (z. B. eine betriebsärztliche Praxis, Untersuchungsräume, mobile Vorsorgeeinheiten) mit ein.
Rolle des Betriebsarztes bei der Gefährdungsbeurteilung
In der Praxis bedeutet das: Der Betriebsarzt unterstützt das Unternehmen bei der Gefährdungsbeurteilung und leitet daraus Empfehlungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge ab. Gleichzeitig ist sein eigener Wirkungs- und Arbeitsbereich auch Teil des Betriebes und somit Gegenstand einer GBU.
Eigener Arbeitsplatz des Betriebsarztes
Wenn der Betriebsarzt (intern oder extern) im Betrieb eigene Räumlichkeiten nutzt, sind diese ebenso ein Arbeitsplatz wie jedes andere Büro, Labor oder Lager. Damit gelten alle arbeitsschutzrechtlichen Pflichten (z. B. Ergonomie, Fluchtwege, Brand- und Explosionsschutz, Umgang mit Gefahrstoffen in der Praxis etc.).
Besondere Aufmerksamkeit gilt, wenn dort medizinische Geräte (z. B. Ultraschall, EKG, Lungenfunktionsgeräte, Sehtestgeräte) oder Arzneimittel (z. B. Impfstoffe, Desinfektionsmittel) eingesetzt werden.
Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen / Infektionsschutz
Kommt es in der betriebsärztlichen Praxis zu Blutentnahmen, Impfungen oder ähnlichen Eingriffen, besteht ein Infektionsrisiko (Nadelstichverletzungen, Kontakt mit Körperflüssigkeiten).
Nach der Biostoffverordnung (BioStoffV) müssen Tätigkeiten mit potenziell infektiösen Materialien (Kategorie 2 bis 4) in eine Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden. Die TRBA 250 (Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen) konkretisiert Schutzmaßnahmen gegen blutübertragbare Infektionen.
Gefahrstoffe und Abfallmanagement
In einer betriebsärztlichen Einrichtung können Desinfektionsmittel, Reinigungsmittel sowie andere chemische Stoffe zum Einsatz kommen. Teilweise gelten sie als Gefahrstoffe (je nach Einstufung).
Die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und die TRGS (Technische Regeln für Gefahrstoffe) schreiben eine Bewertung der damit verbundenen Gefährdungen vor (z. B. Haut- und Atemwegsbelastungen, Entzündungsgefahr).
Ebenfalls zu beachten: Entsorgung medizinischer Abfälle (Kanülen, Verbandsmaterial) nach den Regelungen des Infektionsschutzes und der Abfallwirtschaft.
Einsatz von Röntgengeräten (ggf. Strahlenschutz)
Falls im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorge Röntgenuntersuchungen durchgeführt werden (z. B. Lungenröntgen bei speziellen Tätigkeiten), unterliegt dies dem Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV).
Ein Strahlenschutzbeauftragter und spezielle Schutzmaßnahmen (z. B. Abschirmung, Dosimeter) sind notwendig. Diese Aspekte sind ebenfalls im Rahmen einer GBU zu bewerten.
Psychische Gefährdungen
Gerade im medizinischen Bereich können Situationen mit erhöhtem Zeitdruck, Verantwortung, Patientenkontakt und ggf. sensiblen Fällen zu psychischen Belastungen führen.
Seit der Änderung des ArbSchG im Jahr 2013 sind auch psychische Belastungen explizit in die Gefährdungsbeurteilung einzubeziehen.
Interaktion mit Beschäftigten
Der Betriebsarzt führt arbeitsmedizinische Vorsorge für die Beschäftigten durch. Dabei sind Themen wie Datenschutz (Umgang mit Gesundheitsdaten), Diskretion (Einrichtung des Untersuchungsraums, Trennung von Beratungs- und Wartebereich) und Vertraulichkeit zu beachten.
Zwar sind dies eher datenschutz- und organisationsbezogene Aspekte, doch können auch hier organisatorische Mängel zu Stresssituationen, unangemessenem Verhalten oder Belästigungen führen (psychische Gefährdung), was wiederum in die GBU einzubeziehen ist.
Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
Regelt die Aufgaben des Betriebsarztes, ist aber auch Grundlage dafür, dass ein „Arbeitsplatz Betriebsarzt“ im Betrieb existieren kann.
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), § 5
Verpflichtet zu einer Gefährdungsbeurteilung aller Arbeitsplätze und Tätigkeiten, somit auch für Betriebsarztbereiche.
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Beinhaltet die Anforderungen an Arbeitsmittel (z. B. medizinische Geräte). Hierbei sind die TRBS (Technische Regeln für Betriebssicherheit) relevant.
Biostoffverordnung (BioStoffV) und TRBA 250
Gelten, wenn im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge mit Blut, Körperflüssigkeiten oder anderen potenziell infektiösen Materialien umgegangen wird.
Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)
Gelten, wenn Gefahrstoffe (z. B. Desinfektionsmittel, Reinigungsmittel) verwendet werden.
Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und Strahlenschutzverordnung (StrlSchV)
Relevanz bei Röntgenuntersuchungen.
DGUV Vorschriften
DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“: Enthält die grundsätzlichen Pflichten des Unternehmers, die auch für die Einrichtung und Organisation eines betrieblichen (arbeitsmedizinischen) Bereichs gelten.
Weitere DGUV-Informationen und -Regeln zum Thema Gesundheitseinrichtungen können ergänzend herangezogen werden (z. B. DGUV Regel 103-001 für Laboratorien im Gesundheitsdienst, soweit Teile anwendbar sind).
Räumlichkeiten / Ergonomie
Untersuchung der Raumgestaltung, Beleuchtung, Belüftung, Klimatisierung, Ergonomie bei der Durchführung von Untersuchungen (z. B. Sitzen/Stehen beim Ultraschall, EKG-Arbeitsplatz).
Umgang mit medizinischen Geräten
Funktionsprüfungen, Wartung und Instandhaltung (BetrSichV), Einhalten von Herstellerangaben, elektrische Sicherheit (DGUV Vorschrift 3 oder VDE 0701-0702).
Biologische Arbeitsstoffe
Infektionsgefährdungen durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Verletzungen mit kanülenführenden Instrumenten (Nadelstichverletzung).
Spezielle Schutzmaßnahmen: z. B. persönliche Schutzausrüstung (Handschuhe, ggf. Schutzbrille), Hygienepläne, Entsorgungssysteme für Kanülen.
Gefahrstoffe
Bewertung der eingesetzten Desinfektions- und Reinigungsmittel, Lagerung und Kennzeichnung, Hautschutz- und Hautpflegepläne.
Abfallentsorgung
Medizinischer Abfall (Kanülen, Laborproben etc.) nach RKI-Empfehlungen und nach Kreislaufwirtschaftsgesetz (bzw. LAGA-Richtlinien) oder landesspezifischen Vorgaben.
Strahlenschutz (sofern relevant)
Abschirmung, Dosimetrie, jährliche Geräteprüfung, Bestellung eines Strahlenschutzbeauftragten (ggf. in Zusammenarbeit mit Externen).
Praktische Umsetzung – warum ist die GBU hier besonders wichtig?
Ein Betriebsarzt oder eine betriebsärztliche Praxis im Unternehmen ist ein vollwertiger Arbeitsplatz mit oft höheren hygienischen und sicherheitstechnischen Anforderungen als ein übliches Büro.
Durch die enge Interaktion mit Beschäftigten (Untersuchungen, Impfungen) und das mögliche Arbeiten mit Infektionserregern (Blutkontakt) liegt ein gesteigertes Gefährdungspotenzial vor, das in einer GBU detailliert berücksichtigt werden muss.
Die GBU dient als Entscheidungsgrundlage für die Art und den Umfang der arbeitsmedizinischen Vorsorge – also der eigentlichen Kernaufgabe des Betriebsarztes. Durch die Ergebnisse der GBU erkennt man, wer (Mitarbeitende) welchen Gefährdungen ausgesetzt ist und welche Untersuchungen oder Schutzmaßnahmen (z. B. Impfangebote) notwendig sind.
Ja, eine Gefährdungsbeurteilung für den Betriebsarzt / Arbeitsmedizin ist notwendig, weil:
Auch der Betriebsarztbereich ein Arbeitsplatz im Sinne des Arbeitsschutzes ist.
Spezifische Gefahren (Infektionsrisiko, medizinische Geräte, Gefahrstoffe) bestehen können.
Die einschlägigen Gesetze (ArbSchG, ASiG, ArbMedVV, BioStoffV, GefStoffV, StrlSchG/-V) dies einfordern.
Rechtsgrundlage
§ 5 ArbSchG: Gefährdungsbeurteilung für alle Tätigkeiten und Arbeitsbereiche.
ArbMedVV: Legt fest, dass die notwendige arbeitsmedizinische Vorsorge basierend auf den Ergebnissen der GBU erfolgen muss.
Umsetzungs-Tipps
Kooperation zwischen Fachkraft für Arbeitssicherheit, Betriebsarzt und Arbeitgeber.
Einbeziehen aller relevanten Aspekte (Ergonomie, Infektionsschutz, Strahlenschutz, Gefahrstoffe, Notfallmanagement).
Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung (z. B. bei Einführung neuer Untersuchungsmethoden, Geräte oder Substanzen).
Dokumentation nach § 6 ArbSchG und ggf. den spezifischen Vorschriften (z. B. StrlSchV).
Mehrwert
Die GBU im arbeitsmedizinischen Bereich trägt erheblich dazu bei, Beschäftigte, den Arzt und eventuelles Assistenzpersonal vor Arbeitsunfällen, Infektionen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu schützen.
Sie ist darüber hinaus die Grundlage, um eine wirksame arbeitsmedizinische Vorsorge für alle anderen Bereiche des Betriebes zu planen und durchzuführen.